Text für das Faltblatt: Zelle Von Innenheraus
"Die Haft im Polizeigefängnis besteht in einfacher Freiheitsentziehung
durch Einschließung" heißt es in der Polizeigefängnisordnung
von 1951. Dieser Grundsatz bestand so auch schon im 19. Jahrhundert. Er
setzt voraus, daß der Verkehr des Gefangenen mit der Außenwelt
wenn nicht verboten, so doch genau reglementiert ist.
Kontakt mit der Außenwelt konnte über die Fenster des Gefangenenhauses,
Besuche oder Briefe hergestellt werden.
Die Zellenfenster des Gefangenenhauses waren von Anfang an zum Innenhof
des Gebäudes ausgerichtet. Bereits die erste Instruktion für
den Gefängniscommissär hatte 1829 auf die Pflicht hingewiesen,
die Fenster so geschlossen zu halten, daß eine Kommunikation der
Gefangenen untereinander oder nach Außen hin nicht stattfinden könne.
Grundsätzlich heißt es 1912 in den Musterzeichnungen für
den Ausbau von Gefängnissen in Preußen: "Bei Fenstern,
die dem Gefangenen durch ihre Lage den Verkehr mit der Außenwelt
ermöglichen würden, werden Fensterblenden angebracht".
Solche Blenden gehörten auch zur Standartausstattung des Gefangenenhauses.
Besuche von Angehörigen, Rechtsanwälten oder Seelsorgern zu
empfangen gehörte seit Einrichtung des Gefangenenhauses zu den Vergünstigungen
der Gefangenen, sofern sie genehmigt wurden. Ein Recht auf sie hatte der
Gefangene nicht, und die Regelung von Besuchen taucht zwar schon 1829
in der Instruktion für den Schließer des Detentionshauses,
aber erst 1885 für die Gefangenen erkenntlich in der Hausordnung
des Gefangenenhauses auf.
Ähnlich reglementiert war das Schreiben von Briefen und der Empfang
von Post. Auch hier finden sich zunächst die Bestimmungen in der
Instruktion von 1829 für den Gefängniscommissär. Unter
§ 23 "Communication nach Außen" heißt es grundsätzlich,
daß eine Kommunikation nach Außen nicht zu gestatten sei.
Und weiter: "Deshalb ist denn den Gefangenen nicht nur das Schreiben
in der Regel durchaus verboten", sondern auch der Besitz von Schreibzeug
untersagt. Nur wenn die zuständige Behörde es ausdrücklich
gestattete, konnte eine Ausnahme gemacht werden. Die Hausordnung für
das Gefangenenhaus bestimmte 1885 in § 6: "Zum Empfang von Besuchen
sowie zum Empfang und Schreiben von Briefen bedarf es für Untersuchungsgefangene
der Erlaubnis des Richters, für andere Gefangene des Gefängniskommissärs".
Dabei versteht es sich, daß der Schriftverkehr stets kontrolliert,
d.h. zensiert wurde.
Erst das moderne Strafvollzugsrecht kennt einen Anspruch des Häftlings
auf Besuche und einen nicht überwachten Schriftverkehr.
Die Einschränkung des Verkehrs des Häftlings mit der Außenwelt
hat zur Folge, daß wir nur relativ wenig über den Alltag der
Gefangenen im Gefangenenhaus und ihre seelische Befindlichkeit wissen.
Die ausgestellten Zeugnisse sind Briefe, die Gefangene aus dem Gefangenenhaus
hinaus geschrieben haben, sowie Aufzeichnungen, später verfasst,
zur eigenen Erinnerung, romanhaft verarbeitet oder bestimmt zur öffentlichen
Kritik an den im Gefangenenhaus vorgefundenen Verhältnissen.
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