Texte der Informationstafeln in der
Dokumentationsstätte Gefangenenhaus Ostertorwache
(Texte von Hartmut Müller)
Tafel 2:
1811 - 1828
Das Detentionshaus am Ostertor
Nach einem Bericht des Rats befanden sich am 6. Januar 1821 in den Gefängnissen
der Stadt 25 Gefangene: Zwei auf dem Zwinger, vier auf der Glocke, zwei
auf dem Hurrelberg, fünf auf dem Imkenturm, neun auf dem Schuldturm
und drei auf dem Stadthaus. Eine Reihe der alten Befesti-gungstürme,
die bisher als Gefängnisse gedient hatten, waren seit 1802 abgerissen
worden. 1811 hatte die französische Verwaltung die Errich-tung eines
großen "Central-Gefan-genenhauses" be-schlossen. Nach
Bremens Befreiung von französischer Besatzung suchte der Rat nach
einer Alter-native für die wenigen noch bestehenden, alten Gefängnistürme.
Zunächst dachte man aus Ersparnisgründen an ein schon bestehendes
Gebäude, etwa das St. Johan-nis-Kloster. Am 14. April 1826 wurde
jedoch nach einer mehrjährigen Denkpause der Plan vorge-legt, das
neue Gefängnis im Rahmen der Neugestaltung des Ostertors zu bauen.
Um die Bedenken der Bevölkerung auszuräumen, die sich durch
ein Gefängnis beim Spazieren in den neuen Wallan-lagen gestört
sähen, sollte sich die äußere Ansicht des Gebäudes
derart darstellen, daß es seine Funktion als Gefängnis nicht
verraten würde. Die Arbeiten wurden dem Bremer Baumeister Fried-rich
Moritz Stamm übertragen.
Am 29. April 1828 war das neue Gefängnis - oder Detentionshaus -
fertig und wurde mit 20 Häft-lingen belegt. Später wurden es
schnell mehr. Detentionshaus hieß es abgeleitet von dem Engli-schen
"house of detention" oder von dem Französischen "detention
preventive", beides Begriffe für Haft oder Gewahrsam.
In dem als Reformgefängnis konzipierten Detentionshaus sollte eine
neue, zivilisierte Form der Freiheitshaft praktiziert werden. Zunächst
diente es wiederum als Untersuchungsgefängnis, dann aber besonders
zur kurzfristigen Aufnahme und Inhaftierung Kleinkrimineller wie Vagabunden,
Bettler und Prostituierten. Den Umgang mit den Gefangenen regelte ein
strenges "Reglement", streng sowohl gegenüber den Gefangenen
wie gegenüber den Aufsehern in ihren Pflichten.
Für unterschiedliche Häftlinge gab es unterschiedliche Zellen:
Einzelzellen, Gemeinschaftszellen, Zellen für besondere Gefangene
im Obergeschoß und für Vagabunden und Bettler die Räume
in den Kellergewölben.
Berühmtheit erhielt das Detentionshaus durch die Bremer Giftmörderin
Gesche Gottfried (1785-1831). Nachdem sie ihren Mann, ihre Mutter, ihre
Kinder und insgesamt 15 Personen mit "Mäuse-butter" vergiftet
hatte, wurde sie am 13. Mai 1828 in das gerade erst eröffnete neue
Gefängnis ein-geliefert. Hier verbrachte sie drei Jahre in einer
dem Wallgraben zugewandten Zelle des Oberge-schosses. Am 21. April 1831
wurde Gesche Gottfried auf dem Domshof hingerichtet.
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